Die Regeln erfolgreicher Krisenkommunikation

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold: Stellen Sie sich vor, in Ihrem Unternehmen brennt es – metaphorisch oder vielleicht sogar buchstäblich. Die Umsätze brechen ein, ein Produktfehler wird öffentlich oder eine Restrukturierung steht an. Was passiert jetzt? In vielen Chefetagen greift ein gefährlicher Reflex: Die Türen werden geschlossen, die Jalousien heruntergelassen. „Wir sagen erst etwas, wenn wir eine Lösung haben“, lautet die Devise.

Das ist verständlich, aber fatal.

In der Krise entsteht ein Informationsvakuum. Und dieses Vakuum bleibt nie leer. Es füllt sich rasend schnell mit Gerüchten, Ängsten und Halbwahrheiten. Ein einziges unbedachtes Wort, ein zu langes Schweigen oder eine widersprüchliche Aussage können Vertrauen zerstören, das über Jahre aufgebaut wurde.

In diesem fünften Teil unserer Serie zum Thema „Coaching in Unternehmenskrisen“ widmen wir uns einem der heikelsten Felder: der Kommunikation. Nachdem wir uns in den vorangegangenen Artikeln mit der Analyse (Teil 1), der Akutstabilisierung (Teil 2), der Führung (Teil 3) und dem Team-Zusammenhalt (Teil 4) beschäftigt haben, geht es nun darum, wie Sie Ihre Botschaften so senden, dass Sie die Deutungshoheit behalten.

Warum der „Flurfunk“ Ihr größter Feind ist

Es gibt eine goldene Regel in der Krisenkommunikation: Inside before Outside.

Bevor die Presse, die Kunden oder die Lieferanten informiert werden, müssen Ihre Mitarbeiter Bescheid wissen. Nichts ist demotivierender für ein Team, als aus der Zeitung oder über Social Media zu erfahren, dass der eigene Arbeitsplatz wackelt.

Transparenz schafft Vertrauen – auch ohne Happy End

Viele Führungskräfte scheuen die Kommunikation, weil sie noch keine perfekten Antworten haben. Ein Coach würde Ihnen in dieser Situation spiegeln: „Mut zur Lücke ist besser als Schweigen.“

Es ist vollkommen legitim, vor die Belegschaft zu treten und zu sagen:

„Wir befinden uns in einer schwierigen Lage. Wir wissen heute noch nicht genau, wie die Lösung aussieht, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran und werden euch jeden Dienstag über den aktuellen Stand informieren.“

Das nimmt dem „Flurfunk“ den Wind aus den Segeln. Mitarbeiter können mit schlechten Nachrichten oft besser umgehen als mit Ungewissheit. Ungewissheit erzeugt Angst, und Angst lähmt die Produktivität – genau das, was Sie in der Krise nicht brauchen.

Wie Coaching hier hilft

Ein Coach hilft Führungskräften dabei, die richtige Tonalität zu finden. Oft neigen Manager dazu, in „Business-Sprech“ zu verfallen, um Distanz zu wahren. Phrasen wie „Synergien heben“ oder „Personalkörper anpassen“ wirken kalt und distanziert. Im Coaching üben wir, Klartext zu reden, ohne dabei Panik zu verbreiten. Es geht darum, Betroffenheit zu zeigen, ohne die Professionalität zu verlieren.

Externe Kommunikation meistern: Die Kunst der klaren Botschaft

Sobald die interne Basis informiert ist, richtet sich der Blick nach außen. Kunden fragen sich, ob sie noch beliefert werden. Banken werden nervös. Die Öffentlichkeit schaut genau hin.

Hier gilt das Prinzip der „Salami-Taktik“ als absolutes No-Go. Wer schlechte Nachrichten scheibchenweise zugibt, verlängert die Krise unnötig und wirkt unglaubwürdig.

Die Rolle des Coaches als Sparringspartner

Bevor Sie vor die Presse treten oder eine wichtige E-Mail an alle Kunden senden, ist der Coach Ihr Sparringspartner. Warum? Weil Sie als Betroffener oft betriebsblind sind. Sie stecken zu tief in den Details und rechtfertigen sich innerlich bereits.

Ein Coach nimmt die Außenperspektive ein und stellt die unangenehmen Fragen, die sonst ein Journalist stellen würde:

  • „Klingt das wie eine Entschuldigung oder wie eine Ausrede?“
  • „Versteht ein Außenstehender überhaupt, was Sie damit sagen wollen?“
  • „Passt Ihre Körpersprache zu dem Ernst der Lage?“

In Simulationen (Rollenspielen) können Statements und Q&A-Sessions (Frage-und-Antwort-Runden) geübt werden. Das Ziel ist nicht, Sie zu einem Schauspieler zu machen, sondern Ihnen Sicherheit zu geben, damit Sie auch unter Beschuss authentisch bleiben.

Der Brandbeschleuniger: Umgang mit Social Media

Früher hatte man für eine Pressemitteilung einen Tag Zeit. Heute haben Sie auf Twitter (X), LinkedIn oder Instagram oft nur Minuten, bevor sich eine Dynamik entwickelt, die kaum noch einzufangen ist. Ein „Shitstorm“ ist die digitale Variante des Lynchmobs.

Agieren statt Reagieren

Viele Unternehmen erstarren, wenn sie online angegriffen werden. Sie löschen Kommentare (ein Kardinalfehler!) oder antworten mit juristischen Drohungen.
Krisenkommunikation im digitalen Raum erfordert Schnelligkeit und Empathie.

Ein Coach hilft dabei, die emotionale Distanz zu wahren. Wenn man online angegriffen wird, will man sich instinktiv verteidigen. Doch im Netz gewinnt nicht derjenige, der recht hat, sondern derjenige, der souverän bleibt. Coaching hilft dem Social-Media-Team und den Verantwortlichen, nicht impulsiv zu tippen, sondern strategisch zu antworten.

Praxistipp: Die 5-C-Formel für Ihre Krisenbotschaft

Egal ob E-Mail an die Mitarbeiter, Pressemitteilung oder LinkedIn-Post – wenn Sie unter Druck stehen, orientieren Sie sich an der 5-C-Formel. Ein Coach würde mit Ihnen jedes Statement auf diese fünf Punkte hin abklopfen:

  1. Clear (Klar): Keine Fachbegriffe, keine Schachtelsätze. Sagen Sie unmissverständlich, was passiert ist.
  2. Concise (Prägnant): Kommen Sie auf den Punkt. In der Krise hat niemand Zeit für lange Vorreden.
  3. Consistent (Konsistent): Erzählen Sie intern das Gleiche wie extern? Widersprüche werden sofort aufgedeckt.
  4. Compassionate (Mitfühlend): Das wichtigste C! Zeigen Sie Empathie für die Betroffenen (Kunden, Mitarbeiter, Opfer eines Fehlers). Fakten erreichen den Kopf, Empathie erreicht das Herz und sichert die Loyalität.
  5. Credible (Glaubwürdig): Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Sagen Sie, was Sie tun werden, um das Problem zu lösen – und dann tun Sie es.

 

Wie geht es weiter?

Wenn der Sturm der akuten Kommunikation vorüber ist und sich der Rauch legt, stellt sich die Frage: Wie verhindern wir, dass uns das nächste Mal wieder der Boden unter den Füßen weggezogen wird? Wie machen wir unser Unternehmen widerstandsfähiger?
Im nächsten Beitrag, Artikel 6: Das „Immunsystem“ Ihres Unternehmens, tauchen wir tief in das Thema Resilienzförderung ein. Erfahren Sie, warum manche Firmen an Krisen zerbrechen, während andere gestärkt daraus hervorgehen.

 

Fazit

 

 

Fazit: Kommunikation ist Chefsache

Professionelle Krisenkommunikation ist keine Option für „schöne Wetterphasen“, sondern eine absolute Notwendigkeit, um den Ruf des Unternehmens zu schützen. Ein guter Ruf braucht Jahre zum Aufbau, kann aber in fünf Minuten zerstört werden.

Kommunikation in der Krise bedeutet Führung. Und wie wir in Artikel über Führungskräfte gesehen haben, braucht gute Führung Reflexion und Stärke. Ein Coach ist dabei nicht Ihr PR-Agent, der Ihnen die Texte schreibt. Er ist derjenige, der sicherstellt, dass Ihre Haltung stimmt, dass Sie Ihre Angst vor Fehlern ablegen und dass Sie den Mut finden, die Wahrheit auszusprechen. Denn die Wahrheit ist am Ende immer das beste Krisenmanagement. Folgen Sie nun auf unserer Reise zum nächsten Aspekt „Widerstandsfähigkeit / Resilienz im Unternehmen“. Bleiben Sie dran.

Dr. Michael Monka ist externer Lead Auditor des TÜV Rheinland für die ISO 27001 und KRITIS.

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